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Alltag im Kindergarten: die Kleinen spielen, toben und haben Spaß. Irgendwann mopst einer dem anderen das Spielzeug, Worte fliegen hin und her, es wird gezankt und am Ende muss einer der Erzieher ein Machtwort sprechen. Streitigkeiten dieser Art unter Jungen und Mädchen im Kita-Alter sind nicht nur völlig normal, sondern auch wichtig für die soziale Entwicklung. Aber wie können Eltern und Erzieher unterscheiden, ob die kleinen Racker einfach nur streiten oder ob mehr dahintersteckt?

Von Mobbing sprechen wir, wenn ein Kind von einem anderen oder sogar einer ganzen Gruppe regelmäßig ausgegrenzt, verspottet, gedemütigt oder tätlich angegriffen wird. Das Opfer darf als einziges nicht mitspielen und bekommt bei jeder Gelegenheit zu spüren, dass er oder sie nicht dazugehört. Es ist erwiesen, dass Knirpse unter 6 Jahren meist noch nicht in der Lage sind, ihr Handeln systematisch zu planen – was nötig wäre, um Mobbing im klassischen Sinne zu betreiben. Sie handeln in der Regel situationsbezogen, können aber durchaus lernen, dass aggressives Verhalten anderen gegenüber in irgendeiner Form rentabel ist. Es geht dem Täter also meist nicht explizit darum, dem Opfer zu schaden, sondern um den coolen Bagger, mit dem der andere Junge gerade spielt oder die hübsche Puppe, dem das neue Mädchen gerade die Haare frisiert. Merkt ein Kind zum Beispiel, dass der kleine Junge mit der Brille sich nie wehrt, wenn man ihm den Bagger wegnimmt, ihn vielleicht auch mal zur Seite schubst oder ihn „Blödmann“ nennt, wird es dieses Verhalten wiederholen – es funktioniert schließlich.

Hier liegt es an den Erwachsenen, solches Gebaren möglichst früh zu erkennen und sofort zu unterbinden. Der kleine Täter muss verstehen, dass es dem Opfer durch sein Handeln schlecht geht. Oft ist der erste Schritt, das Motiv des mobbenden Kindes zu verstehen. Geht es tatsächlich nur um den Bagger, findet sich bestimmt schnell ein Kompromiss, mit dem beide Sprösslinge leben können. Steckt hinter den Attacken allerdings nichts als persönliche Abneigung, sieht die Sache anders aus. Besonders die Eltern spielen in dieser Situation eine entscheidende Rolle.

Vielen Eltern fällt es verständlicherweise schwer zu glauben, der eigene kleine Sonnenschein könne so gemein zu jemandem sein. Es ist wichtig zu wissen, dass Kinder nicht aus Bosheit handeln, sondern weil sie aus irgendeinem Grund glauben, ihr Verhalten sei in Ordnung. Womöglich weil ihnen noch nie deutlich gesagt wurde, dass es eben nicht okay ist und unangenehme Konsequenzen hat. Eine kindgerechte Aufklärung, wie schlimm seine Schikanen für den Betroffenen sind und wie schlecht es ihm geht, kann ein Bewusstsein für die Gefühle des anderen schaffen und das mobbende Kind dazu motivieren, sein Verhalten zu ändern.

Auch die Eltern des gemobbten Kindes müssen im Zweifelsfall reagieren. Werden Anzeichen für Mobbing am eigenen Nachwuchs bemerkt, sei es eine Veränderung im Verhalten, Albträume, Appetitlosigkeit oder dass er plötzlich nicht mehr in den Kindergarten will, sollte dem auf den Grund gegangen werden. Das Kind muss wissen, dass man ihm helfen möchte, es alles erzählen kann und man es ernst nehmen wird. Geduld ist das Zauberwort! Vor dem nächsten Schritt ist es sinnvoll, gemeinsam mit dem Sprössling zu besprechen, was als nächstes passiert. Auf jeden Fall sollte die Kita-Leitung und die hauptsächlich betreuende Erziehungskraft involviert werden. Sie haben Erfahrung mit ähnlichen Situationen und können betroffene Eltern mit Rat und Tat unterstützen.